François Forget: Der singende und dichtende Grenzgänger

Alleine vor einem Publikum zu singen, kostet Überwindung. Obwohl François Forget kein professioneller Sänger ist, gestaltete er letztes Jahr gleich zwei Konzerte mit Soloprogammen. Es sei tatsächlich eine Herausforderung gewesen und er habe sich jetzt erst getraut, so François – endlich! Denn seine Stimme kann sich hören lassen. Wir haben uns unterhalten – er spricht sehr gut Deutsch! – und ich möchte ihn und seinen Werdegang genauer vorstellen:

Von Mauritius nach Deutschland und zurück

Geboren und aufgewachsen ist er zwar auf Mauritius, seine Ausbildung erhielt er aber in Deutschland. Zwischen 1993 und 1996 lernte er dort erst Deutsch, ließ sich zum „Business Administrator in Travel & Tourism“ ausbilden und arbeitete dann in einem Lagerhaus. Er kehrte anschließend nach Mauritius zurück, wo er als Manager im Marketingbereich und vor allem in Hotels tätig war. Momentan arbeitet er als Berater für eine Lebensversicherung.

François Forget Vom Choristen zum Solisten

Sein Herz schlägt aber vor allem für die Musik und das Singen: Noch vor dem eigentlichen Verwalterjob ,managete‘ er seit seinem sechsten Lebensjahr besonders seine Stimme: Er hat schon immer gesungen, war in Deutschland Chorist im „Neuen Chor Bochum“ und ist langjähriges Mitglied im Cantiamo Choir von Katrin Caine auf Mauritius. In diesem Rahmen sang der Bariton bereits einige Soli, wie letztes Jahr bei der Operngala A Night at the Opera, die Soloprogramme waren nun aber die letzte, zu überwindende Hürde zum Solisten.

Beim ersten Soloauftritt: Comme d’habitude von Claude François

In diesem ersten („Il Débarque“) und nun auch zweiten („Il Revient“) Solokonzert überschritt er noch weitere Grenzen: Er erweiterte das Konzertformat durch Witze und selbstverfasste Gedichte, die er zwischen den Liedern vortrug, zu einem hintergründigen und auch komischen Abend. François erscheint auch im Gespräch aufgeweckt und lustig. Seine Gedichte handeln von der Liebe und dem Leben und zeigen eher seinen Hang zum Poetischen und Traurigen. In Regards geht es beispielsweise um ein Liebespaar, dass sich so innig anschaut, dass es dabei die Welt um sich herum zu vergessen scheint. Seine Umschreibungen dieser Blicke sagen schon alles, die Liebenden selbst müssen keine Worte wechseln, um sich und ihre Zuneigung zu verstehen.

François Forget: Regards

Leurs regards se croisent et le temps du regard
S’installe un moment d’allégresse
Combien de temps peut durer un regard…?
Pour eux toujours car il est liesse

Pourquoi lui…pourquoi elle …?
Ils n’en finissent pas de se regarder
Ils n’en finissent pas de s’hypnotiser
Ce moment s’il vous plait pour une éternité

Ils s’avancent l’un vers l’autre à se toucher
Autour d’eux plus rien ne peut exister
Ils s’avancent l’un vers l’autre à s’effleurer
L’un vers l’autre ils sont attirés

Ils se regardent à s’aveugler
Ils se regardent à s’y noyer
La puissance de leur regard illimitée
Dans leurs regards se contempler

Leur main effleure leur visage
C’est le début d’une caresse
Elle porte en elle leur message
Elle porte en elle leur ivresse

Ils n’ont pas eu à se parler
Simplement ils s’en sont allés
Main dans la main à se regarder
Pour ensemble conjuguer le verbe aimer

Barock trifft auf Pop – Von Händel bis Dean Martin

Auch François‘ Programmauswahl ist bunt und vielschichtig: Das zweite, von den Friends of OperArts organisierte Konzert fand am 28. November letzten Jahres im Maison de l’Étoile d’Eurêka in Moka statt. Begleitet von Jocelyn Bugwondeen und France Cecile sang François Lieder, Songs und Chansons u.a. von so unterschiedlichen Komponisten wie Georg Friedrich Händel, Franz Schubert, Dean Martin, Nat King Cole, Serge Lama, Gilbert Bécaud, Charles Aznavour und Jacques Brel. Das Programm ist eine Erweiterung des Konzertprogramms vom 6. Juni 2017. Eine musikalische Grenzüberschreitung ist vor allem der Song Adagio des Musikwissenschaftlers Remo Giazotto aus dem zweiten Konzert. Der Song ist eine textierte und neu arrangierte Version des Adagios des italienischen Barockkomponisten Tomaso Albioni.

„Singen aus Spaß und Fröhlichkeit“

Sich weiter austesten und was trauen, das passt auch zu seinem aktuellen Lebensplan: „Singen aus Spaß und Fröhlichkeit soweit oder so lang ich kann“. Er liebt nicht nur die Herausforderung des Singens, „die schöne Stimme, die Begabung des Menschen über Grenzen zu gehen“, sondern generell Grenzüberschreitungen. Als Beispiel dafür nennt er uns zwei Youtube-Videos, die tatsächlich faszinierend sind: Best drumline video ever amazing oder The Future of Portable Homes. Ihn interessieren besonders technische Dinge, Flugzeuge, Autos, Häuser und wie sie gebaut werden.

„Séga-Musik erzählt vom Leben selbst“

Neben klassischer Musik mag François also auch andere Genres, wie er in den Soloprogrammen unter Beweis stellt. Daneben schwärmt er für Séga-Musik: „Sie erzählt vom Leben selbst und gehört zu meinen Wurzeln.“ Rap- und Technomusik, „alles mit endlos-repetitiven Rhythmen“, mag er hingegen nicht, gibt er zu. Auf die Frage, wie die musikalische Zukunft von Mauritius im Klassik- und Opernbereich aussehen könnte, scheint wieder François‘ nachdenkliche Seite durch:

„Nur ein oder zwei  Mauritier singen beruflich (z.B. Véronique Zuël). Alle anderen Konzerte werden meist von nicht professionellen Sängern bestritten. Leider gibt es kein großes Publikum für klassiche Musik, sodass ein Sänger nicht genug Eintritt bekommt, um von seiner Tätigkeit leben zu können. Kurz: Klassiche Musik braucht auf Mauritius immer Unterstützung von Privatfirmen. So wird es wohl auch erstmal in Zukunft bleiben müssen. Es gibt schon ein paar sehr talentierte Musiker und Sänger, die aber leider nicht genug Mittel haben, um ihre Begabung gebührend fördern und daraus ihren Beruf machen zu können. Nur eine Handvoll  schaffen es wirklich.“

„Es gibt kein Familientreffen ohne Singen“

Er wäre gerne professioneller Sänger geworden, hätte er die Möglichkeit dazu gehabt. Traurig ist er aber nicht und freut sich über seine Soloprojekte, bei denen er zumindest hobbymäßig seine Gesangsfähigkeiten präsentieren kann. Außerdem sagt er erneut scherzend: Wenn er es richtig auf die Bühne geschafft hätte mit seinem Gesang, hätte man gesagt: „Schon wieder ein Forget“. Alle Geschwister und inzwischen auch schon seine Töchter singen nämlich ebenfalls gut, eine Schwester arbeitet sogar beruflich als Sängerin in Singapur. „Es gibt kein Familientreffen ohne Singen“.

Il revient bien sûr!François Forget

Mit solchen Menschen wie François, den aktuellen Bestrebungen und der Förderung der Opernlandschaft seit einiger Zeit wird es hoffentlich bald möglich sein, dass mehr Mauritierinnen und Mauritier einer Karriere im musikalischen Bereich nachgehen können. Wir können gespannt sein, was François in zehn Jahren auf die Frage nach der Zukunft der Oper und klassischen Musik auf Mauritius antworten wird, und derweil auf viele weitere Soloprogramme mit Humor und Tiefgründigkeit hoffen! Er plant unter anderem ein Duett-Konzert mit seiner Schwester und seiner Freundin, die natürlich auch singt. Alors, il revient bien sûr! Schlummern in den nachfolgenden Forget-Generationen wohl noch mehr mauritisches Opernpotential und Grenzgängertum?

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