Wiedereröffnung des Opernhauses 2022?
Ein Blick auf das Municipal Theater in Port Louis verrät: Etwas ist im Gange. Doch was? Um das Haus befinden sich Gerüste, eine Baustelle, und es wird derzeit auch daran gearbeitet. 2022 würde das Opernhaus, das inzwischen zehn Jahre geschlossen ist, schon 200 Jahre alt werden. Am 11. Juni 1822 wurde es damals nach einer Bauzeit von zwei Jahren eröffnet und ist heute das älteste Opernhaus der südlichen Hemisphäre. Die Fertigstellung der Renovierungsarbeiten in vier Jahren und eine Wiedereröffnung zu diesem Anlass wären der Traum eines jeden Opernfans auf Mauritius und der weltweiten Freundinnen und Freunde der Opera Mauritius. Doch vier Jahre vergehen schnell, und es fehlen weiterhin Gelder, so der letzte Stand. Es gab inzwischen schon einen Bericht in der mauritischen Presse. Ich habe auch nachgeforscht.

Foto: Thomas Skrzyniecki
Die drei Bauphasen:
Phase 1 ist gesichert
Die Renovierung soll in drei Phasen ablaufen. Phase 1 sieht die Stabilisierung des Dachs und des Nebenhauses vor. Das ganze Dach ist derzeit abgestützt und drum herum wird fleißig gewerkelt. Es handelt sich um notwendige Arbeiten, die jetzt getan werden müssen, damit nicht das ganze Gebäude irgendwann abgerissen werden müsste. Zum Glück hat sich für diese Phase, die ca. 80.000.000 RS (2 Millionen Euro) kostet, rechtzeitig ein Sponsor gefunden: Die Association of French speaking-Mayors. Nächstes Jahr soll die einjährige Bauphase abgeschlossen werden.
Zukunftsmusik und Sorgenkind: Phase 2 und 3
Zwei weitere Phasen sind aber nötig, um das Gebäude vollständig zu sanieren. Phase 2 und 3 sollen in einem Arbeitsschritt absolviert werden, sich mit dem Innenraum beschäftigen und ca. zwei Jahre dauern. Außer der im Nachhinein angefertigten, prächtigen Kuppel des belgischen Malers Théodore Henry Vandermeersch, dem Parkett und den Säulen ist das von Pierre Poujade und Pierre Etienne Thuillier entworfene und gestaltete Gebäude ziemlich heruntergekommen. Phase 2 und 3 müssten spätestens nächstes oder übernächstes Jahr beginnen, um 2022 fertig zu werden. Dafür fehlen aber weiterhin komplett die Gelder: 200.000.000 RS (5 Millionen Euro). Es gibt derzeit keine Aussicht auf einen Sponsor. Die Regierung wird kein Geld für die Renovierung ausgeben, da der Nutzen eines Opernhauses auf Mauritius derzeit noch nicht allen völlig klar ist, andere Dinge Vorrang haben.

Die Kuppel (Foto: Jan Benjamin Homolka)
Die Baupläne von Stephan Braunfels oder Morphos?
Der berühmte deutsche Architekt Stephan Braunfels hatte 2012 Baupläne für das Theater auf Mauritius entworfen. Seine Sanierungspläne sehen ein Foyer vor, das nach beiden Straßenseiten hin geöffnet ist und so Einblicke für alle gewährt. Dort könnten Cafés eröffnen, die die Oper für alle Bevölkerungsgruppen zugänglich machen würden. Braunfels erstellte damals nicht nur kostenfrei die Baupläne, sondern bot auch an, ehrenamtlich die Bauleitung zu übernehmen. Aufgrund fehlender Gelder konnten seine Pläne jedoch bisher nicht realisiert werden. Inzwischen ist ein Vertrag mit der Architekturfirma Morphos abgeschlossen worden. Sie stehen mit der mauritischen Regierung in Verbindung, haben aber eigene Baupläne. Solange keine Gelder von Opera Mauritius oder unsererseits aufgebracht werden, können Braunfels‘ Baupläne keine Verwendung finden. Dabei liegen die geschätzten Kosten für sein Bauvorhaben sogar unter denen von Morphos (nur ca. 4 Millionen Euro).

Foto: Thomas Skrzyniecki
Die Hürden: wechselnde Politiker und zu wenig Reichweite

Foto: Thomas Skrzyniecki
Paul Olsen und ich haben uns neulich mit dem Chief Executer, der für das Opernhaus verantwortlich ist, im Rathaus in Port Louis getroffen. Es steht direkt gegenüber vom Opernhaus. Ernüchterung und Hoffnung zugleich sind das Fazit dieser Begegnung. Ernüchterung, weil er trotz Werbung und der inzwischen größeren Opern-Community nichts von der aktuellen Opernproduktion La Veuve joyeuse mitbekommen hatte und allgemein keine Zukunft für Oper auf Mauritius sieht; Hoffnung, weil er meinte, wir können gerne mit Neuigkeiten wieder zu ihm kommen. Ein weiteres Problem: Das Amt des Bürgermeisters, der in Bezug auf das Gebäude mit entscheidet, wird jedes Jahr neu besetzt und jeder hatte bisher eine andere Ansicht zum Thema Opernhaus, sodass nie langfristig geplant werden konnte. Solange nicht das Bewusstsein dafür aufkommt, dass es Oper auf Mauritius bereits gibt und der Opern-Nachwuchs schon in den Startlöchern steht, um professionell aktiv zu werden, reden alle aneinander vorbei.
Was passieren müsste
Das Operngeschehen auf Mauritius muss also noch mehr verbreitet, noch mehr müssen davon begeistert werden. Damit das Opernhaus 2022 wiedereröffnen könnte, müssten mindestens vier Millionen Euro von privaten Sponsoren eingeworben werden. Das sollte bestenfalls von Opera Mauritius oder unserem Verein ausgehen, damit wir im gleichen Atemzug von der Regierung fordern könnten, neben Morphos auch wieder Braunfels das Feld zu überlassen. Jede Produktion und jeder öffentliche Opernauftritt födert darüber hinaus auch die Aufmerksamkeit für das Opernhaus. Durch La Veuve joyeuse haben wir als Verein bereits einige neue Freunde mit ins Boot holen können. Unsere Aufgabe: weiter nach Sponsoren suchen, die musikalische Ausbildung und Opernprojekte unterstützen.

Foto: Thomas Skrzyniecki
Die anderen Veranstaltungsorte auf Mauritius
Das alte Opernhaus mit seinen ca. 500 Sitzplätzen bietet die ideale Größe und das perfekte Ambiente, um Opern auf Mauritius zu spielen. Die anderen, derzeitig nutzbaren Spielorte erfüllen zwar ihren Zweck, lassen aber auch zu wünschen übrig. Das J&J Auditorium in Phoenix, in dem die Veuve joyeuse gegeben wurde, ist eigentlich zu groß für eine Opernvorstellung. Damit zusammenhängend ist die Akustik auch nicht für Opern geeignet. Die Produktionen müssen verstärkt werden.

Das J & J Auditorium von außen

Das J & J Audtorium von innen
Ähliches gilt für das MGI Auditorium in Moka. Es gibt zudem ein stark renovierungsbedürftiges und sehr hübsches Theater im Art Déco-Stil im Komplex des Plaza in Rose Hill. Die Türen dieses Theaters sind zurzeit verschlossen. Auch für dieses Theater bot Stephan Braunfels seine Hilfe an, doch auch hierfür fehlt das Geld. Allein der Salle des Fêtes, der ebenfalls zu dem Gebäudekomplex gehört, wird als Veranstaltungsraum verwendet. Dort fanden im September das Konzert „For the Love of Singing Opera“ sowie im Oktober die festliche Eröffnung des Opernfestivals 2018 statt.

Das Plaza in Rose Hill von außen

Der Salle des Fêtes des Plaza
Noch ein Theater, aber wo bleibt die Oper?
Gerade erst entstanden und am 1. Dezember eingeweiht ist noch ein weiteres Theater in der Caudan Waterfront, das jedoch hauptsächlich für kleinere Konzerte oder Kammerproduktionen geeignet ist. Ein weiterer kleiner Theaterraum ist das Théâtre Serge Constantin in Vacoas (ehemalige Trafalgar Hall), in dem während des diesjährigen Opernfestivals ein Konzert von Vent d’un rêve stattfand. Auch solche Räume könnten für Opernprojekte funktionieren — die Not macht erfinderisch. Doch was Mauritius weiterhin braucht, gerade jetzt, wo so viel Opernnachwuchs an die Oberfläche tritt, ist ein klassisches Opernhaus.

Das Theater in der Caudan Waterfront
Vielen Dank an Thomas Skrzyniecki für die aktuellen Fotos von der Baustelle des Opernhauses!
Dein Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns Deinen Kommentar!