Marc Gris

Marc Gris: Kosmopolit und Lebenskünstler

Die Orte für die musikalischen Proben mauritischer Opernproduktionen sind nicht immer im gleichen Gebäude lokalisiert wie die Vorstellungen. Nicht selten finden sie zum Beispiel in den Gemeindesälen verschiedener Kirchen statt, derer es auf Mauritius zahlreiche gibt und die die Projekte oft großzügig unterstützen. Dass zwischen Proben- und Aufführungsort aber gleich mehr als neuntausend Kilometer liegen, kommt eher selten vor. So aber geschehen diesen Juli: Martin Wettges, künstlerischer Leiter von Opera Mauritius, probte mit Marc Gris, dem Darsteller des Danilo — und zwar in Berlin. Gris, der sowohl die französische als auch die mauritische Staatsbürgerschaft besitzt, ist wahrlich ein Kosmopolit. Die Lustige Witwe ist sein erstes Engagement in einer Opernproduktion auf Mauritius.

Von Mauritius …

Die Operette ist bekanntlich angesiedelt in der Welt der Diplomaten und Vielgereisten. Davon kann Marc Gris, 37, definitiv ein Lied singen: Als Kind einer mauritischen Mutter und eines aus Toulouse stammenden Vaters wurde er auf der französischen Nachbarinsel von Mauritius, La Réunion, geboren, wo auch sein Vater lebt; getauft wurde er wiederum auf Mauritius. Schon als kleiner Junge erhielt er auf Mauritius von einer — ja — russischen Lehrerin Klavierunterricht, und auch wenn dies nicht sein Hauptinstrument werden sollte, so spielt er es bis heute gern und gut. Zugleich war ihm aber auch das Singen in die Wiege gelegt, und er erzählt mit einem gewissen Stolz, dass das auch an den Genen liegen könnte: Unter seinen Vorfahren findet sich bereits ein Tenor, der bei der Oper in Toulouse im Ensemble sang. Das war immerhin kurz vor 1900.
Seine Sangeskarriere begann als Teenager in einer Rockband mit ersten Auftritten bei der „Fête de la musique“, dann folgten auch hier professioneller Unterricht, das Musik-Abitur und anschließend der Wechsel nach Paris ans Konservatorium, wo er unter anderem bei Michel Sénéchal klassischen Gesang studierte.

… um die Welt …

Dieser war es dann auch, der ihm prophezeite, dass er eines Tages den Danilo in der Lustigen Witwe singen werde. Lange Zeit indes sah es danach gar nicht mehr aus, denn Gris wendete sich vermehrt dem Jazz zu — und gab dem Fernweh nach. Zu seinen bevorzugten Reisezielen gehören asiatische Länder, nicht zuletzt hatte der zum Buddhismus konvertierte Lebenskünstler neben der Gesangsausbildung auch „Sprachen und Kultur Tibets“ studiert. Die Insel Bali sagte ihm und seiner französischen Partnerin irgendwann so zu, dass sie entschieden, sich hier niederzulassen. Freilich nur für rund ein Viertel des Jahres, denn in Südfrankreich, La Réunion und Mauritius haben die beiden schließlich auch noch ihre Familien und Standbeine. Gerade vor diesem Hintergrund, erzählt Gris, sei er in der glücklichen Lage, dass er dennoch von seiner Musik leben könne. Jazzmusik und Entertainment-Programme sind überall auf der Welt beliebt.

Gris und Wettges

Marc Gris und Martin Wettges während der musikalischen Proben in Berlin.

… und zurück

Nun also kehrt Gris in mehrfacher Hinsicht an seine Wurzeln zurück: Erstmals seit längerer Zeit wird er wieder auf einer Opernbühne stehen, und das erstmals auch auf Mauritius. Mit der Anfrage hatte er nicht unbedingt gerechnet, aber neben seiner großen Lust auf Operette gab es mindestens zwei weitere Beweggründe, wegen derer er dieses Angebot nicht ablehnen konnte: Zum einen erfüllt sich damit die Prophezeiung seines alten Professors. Zum anderen kam die Anfrage nicht von irgendwem, sondern ausgerechnet von jenem Mann, der ihn damals auf Mauritius getauft hat: Es handelt sich um den katholischen Bischof von Mauritius, Gérard Sullivan. Sullivan aber ist neben seinem Beruf als Geistlicher zufälliger Weise auch Regisseur und als solcher mitverantwortlich für die anstehende Inszenierung.
Aus Sullivans Perspektive wiederum ist Gris eine Idealbesetzung: Er ist nicht nur klassisch ausgebildeter Sänger und Vielgereister, sondern erfüllt als Mauritier auch das erklärte Ziel von Opera Mauritius, möglichst alle Partien mit Einheimischen zu besetzen. Hinzukommt, dass die Dialoge des Stücks auf Kreol gespielt werden sollen, und hier hätte Gris sogar zwei Varianten im Angebot: neben der mauritischen auch die von Réunion.

Die Freunde der Opera Mauritius unterstützen Gris‘ ehrenamtliches Engagement durch die Finanzierung seiner Reisekosten.

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